Aus den Regionen //

17.10.2023

Noch mehr große Klassiker und große Entdeckungen

Die Weine aus dem Westen von Kastilien und León

Auch den zweiten Teil unserer Reise durch Kastilien und León beginnen wir im Norden. Als Ausgangspunkt dient uns diesmal die DO León im nördlichen Zentrum der Region. Doch bevor wir uns ganz und gar dem Wein widmen, sollte die schmucke Provinzhauptstadt zumindest eine kurze Erwähnung finden.

León Stadt zählt immer noch zu den Geheimtipps unter den Provinzmetropolen des spanischen Kernlands, was jeder Kenner der Stadt nur mit einem Kopfschütteln quittieren kann. Nicht nur, dass León über die wohl eleganteste aller gotischen Kathedralen des Landes verfügt, sondern auch mit dem Panteón de los Reyes wohl eine der beeindruckendsten romanischen Grabkapellen der Welt vorweisen kann. Und wer im quirligen Tapas-Viertel Barrio Húmedo unterwegs ist, kann sich an Theken der urigen Bars und Kneipen mit den Gewächsen der Provinz auf das Trefflichste auf den bevorstehenden Wein-Trip vorbereiten.

Die direkt südlich der Provinzhauptstadt gelegene DO León zeigt eine durch und durch kastilisch-leonesische Ausgangssituation auf. Weite, lichtdurchflutete Ebenen, kleine gedrungen wirkende Dörfer, und immer wieder drängt sich dem Reisenden ein erhabenes Gefühl der Leere auf. Der Weinbau steht nicht im Vordergrund, Getreidefelder bestimmen das Bild, und dann doch immer wieder kleine Rebstücke, die selbst nach den trockenen Sommern für ein erfrischendes Grün sorgen. Nur rund 1.250 Hektar stehen unter Reben. Als Qualitätsträger unter den Rebsorten fungieren die weichfruchtige weiße Albarín und die famose rote Prieto Picudo, das Aushängeschild der Appellation. Die Berge sind nahe, und kontinentale Einflüsse bestimmen das klimatische Geschehen, wobei die Niederschläge üppiger ausfallen als im Zentrum der Meseta. Möglicherweise bietet dieses etwas feuchtere Kontinentalklima der Prieto Picudo ideale Wachstumsbedingungen und fördert insbesondere ihre markante dunkle und eigentlich fast immer sehr frisch und konturiert wirkende Frucht. Die nach unten spitz zulaufende Traube – daher der Name Picudo – steht wie keine andere rote Traube Spaniens für das Verschmelzen atlantischer und kontinentaler Einflüsse. Eine gewisse Kühle eingerahmt von rassiger Balsamik macht ihre Stärke aus. Eine große Spezialität des Gebietes sind die intensiv floralen Rosados und natürlich die Tintos, die in der Regel mit eher zurückhaltendem Holzausbau auftreten.

2 CyL D.O. Cigales

Frisch und saftig präsentiert sich der klassische Rosado aus Cigales. Intensive Frucht bieten die Tempranillo, Garnacha Tinta und in Einzelfällen sogar Cabernet Sauvignon.

Die DO León reicht im Südosten bis in die Provinz Valladolid hinein, und dort erwartet uns mit Cigales das nächste kleine Anbaugebiet. Auf dem Weg ins Zentrum der Hochebene wird die Landschaft zunehmend karger und die immer wieder auf beiden Seiten der Nationalstraße auftauchenden Tafelberge heben die herbe Schönheit der Meseta besonders hervor. Cigales steht wie keine andere Appellation der Region für die Bereitung hochwertiger Rosados, deren Verantwortliche für die rötliche Einfärbung hier die Tempranillo ist. Diese ungewöhnliche Formulierung ist mit Absicht gewählt, denn der überaus erfolgreiche traditionelle Rosado-Typ des Gebietes weist in der Regel weiße Trauben auf, die gemeinsam mit der Tempranillo gemaischt und vergoren werden. Entsprechend frisch und saftig präsentiert sich dieser klassische Rosado-Typ aus Cigales. Wer intensive Frucht bevorzugt, ist bei den rein aus rotem Lesegut gekelterten Rosados richtig. Neben der Tempranillo kommen auch die Garnacha Tinta und in Einzelfällen sogar Cabernet Sauvignon zum Einsatz. Begleitende Noten von Piniennadeln sind ebenfalls Teil der Cigales-Rosado-Identität. Selbstredend bereiten die meisten Erzeuger auch ausdrucksstarke Tintos. Für viele Weinmacher zählen die äußerst kargen Böden, teils geprägt von alluvialen Terrassen des wichtigen Duero-Zuflusses Pisuerga zu den besten Rotwein-Terroirs der Hochebene.

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Unter dem gleißenden Licht der Hochebene wirkt das Gebiet der Appellation Ribera del Duero wie eine Pastellkomposition, ein Flickenteppich aus Gelb, Braun und Grün. 


Entlang der Duero-Achse durch Valladolid, Burgos und Soria

Da Cigales geologisch schon zum Duero-Becken gehört, liegt ein Besuch in der berühmten Appellation Ribera del Duero nahe. Nachdem die Kapitale Valladolid umfahren ist, mündet die Autovía in die berühmte Nationalstraße 122, die uns jetzt auf einer West-Ost-Achse den Fluss aufwärts führt.

Der Río Duero ist in gewisser Weise ein kastilisch-leonesisches Wahrzeichen und unverzichtbarer Bestandteil kastilisch-leonesischer Identität. Er ist ein Fruchtbarkeitsquell inmitten der rauen und trockenen Landschaften der nördlichen Hochebene und prägt deren topografisches Bild. Und doch ist er vielmehr als ein regionaler Wasserlauf. Er verbindet nicht nur vier kastilisch-leonesische Provinzen miteinander, sondern auch einige der wichtigsten Anbaugebiete Iberiens, darunter die berühmte Ribera del Duero. Damit beansprucht er einen der prominentesten Plätze auf der Weinweltkarte und wird international als Weinfluss ersten Ranges wahrgenommen.

Schon 20 Kilometer nach Valladolid erheben sich Bergflanken auf beiden Seiten des Duero und das Grün der ersten Weinberge liefert einen verblüffenden Kontrast zu den weißen Kalkhängen des Nordufers. Schon bald ragt unter dem endlosen Himmel der Hochebene eine Festungssilhouette heraus. Wir erreichen Peñafiel, das westliche Zentrum der Ribera del Duero, gekrönt von einer imposanten Burg, die stellvertretend für die vielen Befestigungen entlang der Duero-Linie als Wahrzeichen der DO Ribera del Duero fungiert. Wir befinden uns mitten in der sogenannten Goldmeile des Anbaugebietes, und große Erzeugernamen flankieren den Weg. Noch ist der Fluss verborgen unter den dichten Pinienwäldern der Talsohle, doch weiter in Richtung Osten nach Aranda de Duero öffnet sich die breite Wanne des Duero-Tals und die langgezogenen Fluss-Meander geraten in Sichtweite. Unter dem gleißenden Licht der Hochebene wirkt das Gebiet wie eine Pastellkomposition, ein Flickenteppich aus Gelb, Braun und Grün. Über 24.000 Hektar zählt die DO, 97 Prozent entfallen auf Tempranillo-Pflanzungen. Die purste Tempranillo-Appellation der Welt steht für einen klar definierten Hochland-Stil, der sich durch außerordentlich saftiges Tannin, intensive Frucht und edle Konzentration auszeichnet. Hinzu kommt eine nicht zu unterschätzende Lagerfähigkeit, die den Weinen der Tinto Fino, wie die Tempranillo im Gebiet auch genannt wird, überall auf der Welt großen Respekt eingebracht hat. Auch Cabernet Sauvignon und Merlot spielen eine gewisse Rolle. Zeremonienmeister bleibt aber stets die großartige Hochland-Tempranillo mit ihrer wunderbar tiefgründigen Frucht. Das Zentrum der DO markiert schließlich Aranda de Duero, berühmt für seine Grill-Restaurants und unterirdischen Kellergalerien, welche die Historie des Gebiets auf eindrückliche Weise veranschaulichen. Wer das östliche Extrem mit den höchsten Lagen der Ribera del Duero besuchen will, folgt dem Fluss weiter nach Osten gen Soria. Wer den Verkehrskontenpunkt Aranda nutzen will, um weitere Weinschätze zu heben, kann sich nun für mehrere Optionen entscheiden.

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Über 24.000 Hektar zählt die DO Ribera del Duero. Die Tempranillo-Pflanzungen stehen für einen klar definierten Hochland-Stil mit saftigem Tannin, intensiver Frucht und edler Konzentration. 


Die unbekannten Hochland-Größen von Kastilien und León

Zunächst bietet sich ein Abstecher nach Norden in die kleine DO Arlanza an. Weniger als eine halbe Stunde Autofahrt braucht es bis nach Lerma. Das burgalesische Kleinod mit seinem berühmten Platz beherbergt die zuständige Weinbaubehörde, deren Aufgabe es ist, über die vorwiegend von der Tempranillo geprägten Produktion zu wachen. Das nach dem gleichnamigen Fluss benannte Anbaugebiet mit seinen rund 350 Hektar zeigt sich streckenweise hügeliger als der große Nachbar, die Weinberge liegen oft an windgeschützten flachen Hängen, andere befinden sich auf kleinen Plateaus. Sandige Granitböden durchmischt mit Kalk und Lehm zeichnen einen oft straffer wirkenden Tempranillo-Charakter mit mehr roter als schwarzer Frucht. Kaum mehr als ein Dutzend Bodegas keltern in Arlanza Hochland-Spezialitäten, die auch Garnacha Tinta, Mencía und einige internationale Sorten einbinden.

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Links: Die DO Arlanza mit ihren rund 350 Hektar zeigt sich streckenweise hügelig, die Weinberge liegen oft an windgeschützten flachen Hängen, andere befinden sich auf kleinen Plateaus. Rechts: In der DO Arlanza zeichnen sandige Granitböden durchmischt mit Kalk und Lehm einen oft straffer wirkenden Tempranillo-Charakter mit mehr roter als schwarzer Frucht.


Verlässt man das relativ geschützte Becken des Duero-Tales in südlicher Richtung gewinnt die Landschaft nochmals an Höhe. Páramo wird diese Hochfläche genannt, über die Wind und Sonne noch einmal eine ganz andere Qualität entwickeln. Weinbau ist nur an geschützten Stellen möglich, und die finden sich entlang des bedeutenden Duero-Zuflusses Duratón. Die Rede ist von Valtiendas, einer kleinen Appellation, die im Wesentlichen von Schwemmlandböden mit viel Flussgestein über tiefen Lehmschichten geprägt ist. Auch hier, in unwirtlichen Höhen bis zu 920 Meter, wird Tempranillo kultiviert. Dickschalige kleine Beeren sorgen für kerniges Tannin, getragen von guter Säure und frischer Frucht. Auch wenn internationale Rotweintrauben zugelassen sind, ist es doch wieder die so außerordentlich facettenreiche Tempranillo, die fasziniert.

Valtiendas ist dann auch die letzte Tempranillo-Etappe der Meseta, bevor es weiter in Richtung Süden geht, um über die Ausläufer des Iberischen Zentralmassivs ein Anbaugebiet zu erreichen, welches sich vom rauen Charakter des Meseta-Weinbaus in vielerlei Hinsicht unterscheidet. In Ávila wachsen nur Steine und Heilige, so formulierte es einst der Volksmund, und doch hat der Wein stets eine wichtige Rolle gespielt. Cebreros heißt die im Süden der Provinz Ávila gelegene Appellation. Das Faszinosum dieses Hochlandanbaugebietes erwächst aus dem Kontrast von Höhe und milden Klima. So mild, dass die Winzerschaft um die Dörfer Cebreros, El Barraco, Burgohondo und Aldeanueva stets als erste der gesamten Region Kastilien und León in die Ernte geht, obwohl Reben auf 1.000 Metern und mehr keine Seltenheit sind. Schattige Schluchten und von riesigen Granitfelsbrocken gesäumte Bergrücken bestimmen das Bild der 500er-Hektar DO mit 93 Prozent Einzelstockerziehung. Die unbekannte, würzig-weiche Albillo Real führt den weißen Rebspiegel an, aber das wachsende Prestige dieses kastilisch-leonesischen Geheimtipps fußt auf der Garnacha Tinta. Cebreros bringt inzwischen wohl einige der feinsten Vertreter dieser Rebsorte weltweit hervor.

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Die kleine Appellation Valtiendas ist von Schwemmlandböden mit viel Flussgestein über tiefen Lehmschichten geprägt. Auch hier ist es die so facettenreiche Tempranillo, die fasziniert. 

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Höhe und mildes Klima: Schattige Schluchten und von riesigen Granitfelsbrocken gesäumte Bergrücken bestimmen das Bild der 500er-Hektar DO Cebreros mit 93% Einzelstockerziehung. 

Wie man nach unserer Rundreise feststellen kann, ist die Vielfalt der Weine und Weinlandschaften der Region in jeder Hinsicht beeindruckend. Und doch können aus geografischen Gründen nicht alle Weine in als DO geschützte Anbaugebiete eingegliedert werden. Viele lokale Spezialitäten außerhalb der Appellations-Grenzen gehen aus diesem Grunde in die Landweinbezeichnung IGP Castilla y León ein. Einige der berühmtesten Gewächse des Landes tragen dieses Gütesiegel als Zeichen ihrer Identität und Güte. Bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die Region inzwischen auch drei Pago-Appellationen ratifiziert hat. Abadía Retuerta, Urueña und Dehesa Peñalba sind in der Provinz Valladolid beheimatet, und alle drei sind Beispiele für die außerordentlich hochwertigen Terroirs der Region Kastilien und León.

Weitere Informationen unter www.turismocastillayleon.com/en/gastronomy-wine-tourism oder per Mail an promocion.ice@jcyl.es

 

Große Klassiker, große Entdeckungen, Teil 1, lesen Sie HIER

 

 

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