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28.06.2022

Ambition Rosado

Spaniens Spitzenwinzer überzeugen mit der neuen Trend-Kategorie

Spanien blickt auf eine lange Tradition bei der Rosado-Bereitung zurück. In fast allen Anbaugebieten ist der frische und fruchtige Sommerwein zuhause, und auch das Ausland hat die spanischen Qualitäten stets geschätzt. Das Land zählt Jahr für Jahr zu den größten Rosado-Exporteuren weltweit und entwickelt sich momentan zu einer qualitativen Visitenkarte vieler Kellereien.


Dass Rosado eine wunderbare Sache sein kann, und dabei auch noch durch und durch spanisch, ist nichts Neues. Ganz und gar ungewohnt hingegen ist die Tatsache, dass dem Rosado vielerorts eine ganz neue Position zukommt. Vom oft unscheinbaren Mitläufer entwickelt er sich zu einem Wein, dem inzwischen in vielen Kellereien eine Protagonistenrolle zugewiesen wird. Von einem Nebenprodukt ohne ausgeprägtes Profil zu einem imageprägenden Gewächs. Nicht nur die bestechenden Qualitäten verblüffen. Rosado ist zu einem Interpreten geworden, der Stil, Ambition und Terroir-Typizität vermittelt, so wie man es bis vor Kurzem nur von gehobenen Weiß- und Rotweinen gewohnt war. Spaniens Rosados sind also auf dem besten Wege, sich einen ebenbürtigen Platz unter den feinen Roséweinen der Welt zu sichern. Nicht nur qualitativ gesehen, sondern auch preislich. Denn ist der Preis nicht essentieller Bestandteil der Wertschätzung, die man einem hochwertigen Produkt entgegenbringt?

Tradition und Moderne

Spanien kann schon seit geraumer Zeit Bodegas vorweisen, die für ihre hochwertigen Rosados bekannt sind. In Katalonien, wo man schon vor der Jahrtausendwende beobachten konnte, wie sich nach und nach eine großartige Rosé-Cava-Kultur entwickelte, setzten einige Kellereien auch schon früh auf Premium-Rosados im Stillweinbereich. Der Gründer von Can Ràfols dels Caus, Carles Esteve, setzte beispielsweise im kühlen Terruño des Garraf-Gebirges seine Vision eines strukturierten Rosados um, der dank der Qualität seiner von Anfang an nachhaltig kultivierten Merlot-Lagen für einen bemerkenswerten Spagat zwischen gekonnter Internationalität und großartigem mediterranen Terroir steht. Ein echtes historisches Rosado-Monument findet sich weiter westlich den Ebro hinauf in Spaniens Superappellation Rioja. In unmittelbarer Flussnähe kultiviert die Familie López de Heredia seit mehreren Generationen ihre berühmte Lage Tondonia. Der Erzeuger gilt als Kultproduzent schlechthin, und die Gewächse erleben seit nun mehr 20 Jahren eine nie gekannte Nachfrage. Neben den berühmten Weiß- und Rotweinen bauen die Geschwister Heredia in ausgesuchten Jahren einen Rosado aus, der als Gran Reserva nach zehn oder mehr Jahren freigestellt wird. Garnacha Tinta, Viura und Tempranillo werden zusammengemaischt und vergoren, um dann in gebrauchten Fässern aus amerikanischer Eiche zu reifen. Es mag vermessen klingen eine solche Behauptung aufzustellen, aber nicht wenige internationale Kritiker haben Viña Tondonia Gran Reserva wiederholt als komplexesten Rosé der Welt bezeichnet. Nicht nur seine Finesse und überwältigende Komplexität begeistern, sondern auch der moderate Alkoholgehalt. Überhaupt ist Rioja inzwischen mit einer großen Vielfalt an hochwertigen Rosados gesegnet. Als Pionier postmoderner, mit hellem Farbkleid ausgestatteter Rosados hat sich der im baskischen Winzerstädtchen Villabuena beheimatete Erzeuger Izadi hervorgetan.

2 Izadi Larrosa rose lavanda quer

Glänzt mit belebender Frische: Die Produktion des Larrosa aus dem baskischen Haus Izadi war von Anbeginn als hochwertige Rosé-Qualität angelegt. Für den sortenreinen Garnacha kommen Trauben aus alten Weinbergen in besten Hochlagen zum Einsatz. 

Die Familie aus Vitoria legte die Produktion ihres Larrosa von Anbeginn als hochwertige Rosé-Qualität an, indem Trauben aus alten Weinbergen in besten Hochlagen zum Einsatz kommen. Der sortenreine Garnacha erfährt kaum Kontakt mit den Schalen und glänzt mit ausgenommen belebender Frische. Bei Bodegas Baigorri vinifiziert Weinmacher Simón Arina seinen Rosado auf der Basis von Viura und Garnacha und verschreibt dem Wein sechs Monate Hefelager im Stahltank. Cremigkeit und viel Mundgefühl stehen hier im Vordergrund. Vom Stil her geradezu konträr angelegt sind dagegen die beiden Rosado-Interpretationen der Bodega-Schwergewichte Marqués de Murrieta und Hacienda López de Haro mit ihren Superpremium-Gewächsen. Murrieta keltert mit Primer Rosé auf der Basis von Mazuelo-Trauben ihrer legendären Igay-Finca ein echtes Unikat mit Ausbau in Zementtanks. López de Haro lässt dagegen mit ihrer Classicas Gran Reserva 2009 aus Lagen des Alto Najerilla am Fuße der Sierra de la Demanda die große Rioja-Klassik aufleben. 

7 Murrieta Rose2021 quer

Ein echtes Unikat mit Ausbau in Zementtanks: Der Primer Rosé von Marqués de Murrieta.

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Lassen große Rioja-Klassik aufleben: die Rosados von Hacienda López de Haro. 

Hochland-Rosados aus Kastilien und León

Spaniens größte Region kann mit der DOP Cigales auf eine der wenigen Appellationen in Europa verweisen, die seit Jahrhunderten auf die Bereitung von Rosé-Weinen spezialisiert ist. Im Gebiet setzt man den Begriff Clarete, der historisch gesehen auch auf ein Zusammenspiel von weißen und roten Trauben bei der Weinbereitung Bezug nimmt, mit dem Begriff Rosado gleich. Rebpflanzungen im gemischten Satz mit weißen und roten Trauben sind folglich in Cigales keine Seltenheit. Seit dem Frühjahr 2022 hat der Kontrollrat sogar den Mindestanteil an roten Trauben bei der Rosado- beziehungsweise Clarete-Produktion gekippt. Sehr hellfarbigen und betont frischen Kreationen ist nun auch legal der Weg geebnet. Gut so mag man da denken, setzen doch immer mehr Winzer hohe Anteile an Verdejo ein und geben ihren Rosados einen wohl in Kastilien einmaligen kernig-frischen Schliff. Und noch ein weiterer Punkt gilt es bezüglich der kleinen Herkunftsbezeichnung zu beachten. Das Preis-Leistungsverhältnis ist unschlagbar. Beispiele gibt es zuhauf wie Hiriat Élite oder den barriquevergorenen Carredueñas von Concejo Bodegas. Als wegweisend muss allerdings Salvueros der gleichnamigen Bodega im Rosado-Dorf Mucientes bei Valladolid bezeichnet werden. Die Kombination aus Tempranillo, Albillo und Verdejo ist ein Glanzstück kastilischer Rosado-Kunst. Weniger bekannt für die Gattung roséfarbener Weine ist dagegen der übermächtige Nachbar Ribera del Duero. Und doch tut sich so einiges in dieser Beziehung. Gerade einige renommierte Häuser haben viel Zeit in die Entwicklung ihrer Rosados gesteckt. Voraus geeilt waren schon vor einigen Jahren die Gebrüder Aragón mit ihrer Dominio del Pidio-Linie, die insgesamt den konzentrierten Ribera del Duero-Stil in Frage gestellt hat. Ihr ausgenommen eleganter Rosado wird im Zement vergoren und bekommt anschließend eine minimale Holzunterstützung durch etwas französische Eiche. Ähnlich präzise fängt Jorge Bombín die kühle Balsamik und hellbeerige Frucht einer zum optimalen Rosado-Zeitpunkt gelesenen Tempranillo ein. Sein Legaris Rosado Vino de Pueblo aus Olmedillo zeigt die ganze Kühle des burgalesischen Hochlandes. Von einer ganz anderen Idee beseelt agiert Ricardo Peñalba, Erbe der legendären Gründungsbodega Torremilanos. Streng nach Regeln der zuständigen Weinbaubehörde maischt der Weinmacher mindestens 50 Prozent Tempranillo mit einem halben Dutzend weißer und roter Sorten aus seinen ältesten Weinbergen, lässt sie mit den Füßen stampfen, erlaubt alkoholischer Gärung und BSA ihren natürlichen Lauf, verzichtet auf Schwefel und füllt erst im darauffolgenden Sommer nach der Ernte ab. Sein Ojo Gallo ist eine Reminiszenz an längst vergangene Ribera-Zeiten, als dieser als Clarete bezeichneter Weintyp noch das Geschehen am Duero bestimmte. 

Neuheiten auf breiter Front

Qualitative Spitzenqualität in Rosado-Form ist also keine Seltenheit mehr, und hochwertige Debut-Weine entstehen überall im Land. Selbst die ehrwürdigen Rosado-Hochburg Navarra glänzt mit aufsehenerregenden neuen Kreationen. Gonzalo Celayeta, der sich seine Sporen im Weinforschungszentrum Evena in der alten Königsstadt Olite verdient hat, präsentierte im vergangenen Herbst einen „Rosado de Guarda“ aus dem Jahrgang 2019 mit Ausbau im gebrauchten Barrique und in der Amphore. Mit einer Produktion von nur 1.500 Flaschen zählt dieser Huella de Aitana jetzt schon zur spanischen Rosado-Elite. Viel von sich Reden gemacht hat auch Impromptu Rosé von Hispano Suizas in Valencia. Das Haus gilt schon seit Jahren als Pionier für internationale Sorten und lieferte vor kurzem mit ihrer Pinot Noir-Version eines Rosé de Guarda, sprich eines lagerfähigen Rosados, ein sehr duftiges, aber auch strukturiertes Gewächs mit Holzausbau ab. Wer es schlanker und feiner schätzt, ist dagegen bei Maite Sánchez richtig, die in Méntrida im Norden von Castilla La Mancha für Bodegas Arrayán einen Bio-Rosado in 800-Liter-Ton-Eiern auf der Basis der Garnacha Peluda bereitet. Selbst hundertjährige Reben wie beim De los Abuelos Viñas Centenarias Rosado des Bierzo-Produzenten Pago de los Abuelos gehen inzwischen in die Bereitung neuer Spitzengewächse ein. Das Terroir des Landes gib es allemal her, und der neuen Generation an spanischen Weinmacherinnen und Weinmachern scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Auch nicht bei der Bereitung revolutionärer Rosados.

3 Arrayan Maite Sanchez

Maite Sánchez ist Önologin bei Bodegas Arrayán. 

 

 

 



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