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28.06.2022

Spaniens Winzerschaft geht ins Detail

Die Rückgewinnung und Neubewertung alter Lagen löst eine Qualitätsrevolution aus

Spanien verfügt über die größte Rebfläche der Welt und damit auch über einen beeindruckenden Bestand an alten Reben und einheimischen Sorten. Schon seit Jahren beschäftigen sich vor allem junge Nachwuchswinzer, aber auch große Erzeugerhäuser mit der Neubewertung alter Pflanzungen.


In vielen Fällen handelt es sich um ererbte Weinberge an mitunter schwierigen Standorten oder auch Kernparzellen, die sich im Zentrum später angelegter Weinbergblocks oder erweiterter Großlagen befinden. Hin und wieder stoßen die Weinmacher auch auf Rebstücke, die ganz und gar in Vergessenheit gerieten und halb verwildert auf ihre Wiederentdeckung warten. In anderen Fällen sind es die Genossenschaften, die bei der Betreuung ihrer Mitglieder feststellen, dass diese über kleine Flächen an alten Reben verfügen, deren Trauben nie separat angeliefert wurden und so unerkannt in die Bereitung von Weinen größerer Volumina einflossen. Kurzum, Spanien ist ein Füllhorn hochwertiger und oftmals unbekannter Terroirs, die nun auf breiter Front in die Produktion höchst individueller Spitzengewächse eingehen.

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Im Hochland von Segovia spürte der Chefweinmacher von Marqués de Riscal zwei schon jenseits der Appellationsgrenzen gelegene Vorreblaus-Parzellen mit vernachlässigtem Zustand auf. Heute zählt der im Beton vergorene Barón de Chirel Verdejo VTC dank seines authentischen Charakters zu den spannendsten Weißweinen der kastilischen Hochebene. 

Im Grunde ist man dazu geneigt anzunehmen, dass die meisten Neubewertungen und Reaktivierungen alter Kleinlagen auf das Konto kleiner Winzer gehen, die schon aufgrund ihrer Rahmenbedingungen kleinteiliger arbeiten und mehr dazu tendieren, die Rebgärten ihrer nächsten Umgebung genauer im Auge zu haben. Zudem haben die kleinen Betriebe, ob Neueinsteiger oder alteingesessene Erzeuger, auch eher ein Ohr für die alten Weinbauern, die ihre Gebiete bis in die entlegensten Winkel kennen. Diese durchaus plausible Annahme hält jedoch einer genaueren Betrachtung nicht stand. Spanien ist in dieser Hinsicht sicherlich ein Ausnahmefall, denn in kaum einem der anderen wichtigen Weinländer Europas sind auch immer mehr große Häuser erpicht darauf, das Potenzial ihrer Weinberge, ihrer Terroirs oder auch ihrer Rebsorten in so gründlichem Maße auszuloten, wie es einige der großen spanischen Kellereigruppen schon seit Jahren durchführen. Dies mag erstaunen, ist aber ganz einfach zu erklären. Nachhaltigkeit ist einer der Gründe, warum gerade Bodegas internationalen Formats wie Codorníu, Torres oder Ramón Bilbao beachtliche Mittel für die Entwicklung neuer Weine aus zurückgewonnenen, wiederentdeckten oder restrukturierten meist kleinerer Lagen oder auch nur einzelner Parzellen bereitstellen. Diese limitierten Gewächse sollen ihre Herkunft, ihr „terruño“, so getreu wie möglich widerspiegeln. Und dies funktioniert nun einmal am besten aus Lagen, die biologisch oder biodynamisch bewirtschaftet werden. Es geht also nicht um das vordergründige Verfechten einer Philosophie, sondern um handfeste önologische Ziele, die nur auf diese Weise erreicht werden können. Und es liegt auf der Hand, dass insbesondere diejenigen großen Produzenten, die ohnehin schon auf diesem Gebiet im großen Stil aktiv sind, die aufregendsten Ergebnisse erzielen.

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Sie befassten sich mit Neugier und Experimentierfreudigkeit mit ihren alten Weinbergen in der Rioja Oriental: Weinmacherin Rosana Lisa und der Strategiechef Alberto Saldón von Bodegas Ramón Bilbao.

Gute Beispiele dafür finden sich in Kastilien, wo die Kontraste zwischen großen, erfolgreichen Häusern und unbekannten Underdogs nicht größer sein könnten. Toro ist den meisten Fans spanischer Rotweine ein Begriff, aber Alvar de Dios, einer der Miniproduzenten Westkastiliens, fliegt in gewisser Weise immer noch unter dem Radar. Er zählt zu den Vertretern des „Neuen Spaniens“, das vor allem in den USA, aber auch in Großbritannien mit nachhaltig bereiteten Nischenweinen den spezialisierten Fachhandel aufrollt. Sein im Fuder gearbeiteter Lagenwein Aciano entstammt einer kleinen und uralten biozertifizierten Parzelle im Weiler El Pego, deren Trauben noch vor 15 Jahren die Produktion einfacher Genossenschaftsweine speiste. Ähnliches gilt für seinen weißen Vagüera aus der seltenen Doña Blanca-Traube, der außerhalb des DOP-Gebietes nahe der Provinzgrenze zu Salamanca geerntet wird. Ganz andere Möglichkeiten stehen dagegen Weinmacher Luis Hurtado de Amézaga zur Verfügung. Zwar steht das Gros seiner Reben im nördlichen Zentrum des Anbaugebietes, aber der Chefweinmacher von Marqués de Riscal in Rueda verzichtet auch gerne mal auf ein DOP-Gütesiegel, wenn er die Gelegenheit sieht, sich Lesegut aus Vorreblaus-Parzellen zu sichern, die es ihm erlauben, einen authentischen Verdejo-Charakter in seinem Wein einzufangen. Im Hochland von Segovia, nahe der alten Winzerdörfer Moraleja de Coca und Aldeanueva del Codonal, spürte der Riojano zwei schon jenseits der Appellationsgrenzen gelegene Parzellen auf, die den Weinmacher trotz ihres vernachlässigten Zustandes begeisterten. Heute zählt der im Beton vergorene Barón de Chirel Verdejo VTC zu den spannendsten Weißweinen der kastilischen Hochebene. Und bio ist für Luis eine Selbstverständlichkeit. Auf seine Initiative hin kultiviert Riscal mittlerweile über 300 Hektar biozertifizierte Pflanzungen alleine in Rueda.


Der Vorstoß zum Kern

Rioja besitzt durchaus eine Lagenkultur, obwohl diese in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zumindest im strengen Sinne gesehen verlorenging. Im Zuge der neuen Einzellagen-Regelung, die als Viñedo Singular-Kategorie für viel Gesprächsstoff gesorgt hat, tauchen aus dem enormen Rebbestand von knapp 67.000 Hektar dank der akribischen Arbeit vieler Weinmacher und Weinmacherinnen immer mehr Kleinlagen auf, die als solche in isolierter Form nie aufgetreten waren. So konnte sich Real Agrado in den Bergen der Rioja Oriental eine 2.000-Quadratmeter-Parzelle sichern, die zu den ältesten der DOCa zählt. Aus dem Jahrgang 2015 stellt der Erzeuger in Kürze eine erste Gran Reserva der Marke Eralena vor, ab 2017 wird der Wein als zertifizierter Viñedo Singular das beeindruckende Portfolio des 100-Hektar-Erzeugers ergänzen. Maite Calvo, Chefönologin von Bodegas Bilbainas, hat hingegen die Weinberge des legendären Hauses in Haro eingehend studiert und experimentierte zunächst mit dem historischen Kern der Lage Viña Zaco. Sie isolierte neun der insgesamt 14 Hektar der berühmten Terrassen-Lage über dem Ebro, setzte eine Zertifizierung als Viñedo Singular durch und vinifizierte 2017 das erste Gewächs aus der biokultivierten Kernparzelle. Im offenen Kelterbecken vergoren und ausgebaut in Beton und Fuder, konnte der Wein in der strengen zweiten Kontrollverkostung der Weinbaubehörde bestehen und wurde als Viña Zaco VS freigestellt.

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Auf der Suche nach alten Weinberg-Plots mit noch unerkanntem Potenzial im trockenen Südosten der Rioja wurde das Team von Ramón Bilbao in der Sierra de Yerga fündig. Den Anfang machte der wegweisende Rosado Lalinde. 


Ein größerer Rahmen und ein anderer Ablauf konnte man auf der Finca Emperatriz der Gebrüder Hernaiz beobachten. Sie hatten das geschichtsträchtige Anwesen vor über 20 Jahren erworben, um möglichen Engpässen bei der Versorgung mit hochwertigem Lesegut vorzubeugen. Die Gebrüder bekamen den Zuschlag für die in damaligen Zeiten nur als Traubenproduzent fungierende Finca, da niemand das Potenzial des Standortes richtig einschätzte. Die nach Norden ausgerichteten Weinberge bei Villalba de Rioja galten als schwierig mit problematischen Wachstumszyklen, die kaum reife Tempranillo-Trauben versprachen. Nach der Bestandsaufnahme und Qualitätsanalyse der vorhandenen Weinberge wurde eine regenerative Außenwirtschaft eingeführt, um die vernachlässigten Rebgärten wieder zu gesunden. Schritt für Schritt entwickelte man die ersten Weine und passte sie an die Möglichkeiten der verschiedenen Parzellen an und schon bald konnte sich das erste Emperatriz-Spitzengewächs Parcela N° 1 in die Gruppe der besten Gewächse der Rioja einreihen. Der Rest ist Geschichte. Heute ist der Kernblock des 101-Hektar-Anwesens als größter Viñedo Singular der Rioja registriert und die beiden zugehörigen „Gran Vinos“, ein weißer Viura sowie ein roter Blend auf Basis von Tempranillo, Garnacha und Viura, zählen zu den interessantesten Neuerscheinungen am Ebro. Neugier und Experimentierfreudigkeit waren wohl die Triebfedern für das Team um den technischen Direktor von Ramón Bilbao Rodolfo Bastida, sich eingehend mit der Rioja Oriental und ihren alten Weinbergen zu befassen. 

Der mediterran-kontinentale Bereich unterhalb von Logroño hatte über Jahrzehnte hinweg die Aufgabe übernommen, Traubenmaterial oder auch Jungweine an die großen Produzenten in der Rioja Alta zu liefern, war aber nie im vollen Maße für seine Lagen gewürdigt worden. Weinmacherin Rosana Lisa unterstützt von Strategiechef Alberto Saldón begannen mit dem Segen des Chefönologen mit der Suche nach alten Weinberg-Plots mit noch unerkanntem Potenzial im trockenen Südosten der Rioja und wurden in der Sierra de Yerga fündig. Den Anfang machte der wegweisende Rosado Lalinde gefolgt von der Tempranillo-Garnacha-Cuvée Finca Ladero aus einem Sechs-Hektar-Weinberg auf 720 Höhenmetern, für Rioja eine wirklich außergewöhnliche hohe Terroirsituation. Das Alter des restaurierten Weinbergs, die maßvollen Erträge im naturnahen Anbau, der schonende Ausbau ohne Rackings sowie eine abschließende Reifung über 24 Monate in den Betontanks des spektakulären neuen Gärkellers sind die Zutaten für die Bereitung dieses ausgesprochen finessenreichen Lagengewächs aus Rioja Oriental.

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Die Tempranillo-Garnacha-Cuvée Finca Ladero stammt aus einem Sechs-Hektar-Weinberg auf 720 Höhenmetern, für Rioja eine wirklich außergewöhnliche hohe Terroirsituation. 

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Über 24 Monate reifen die Weine von Ramón Bilbao in den Betontanks des spektakulären neuen Gärkellers. Nach einem naturnahen Anbau und schonendem Ausbau ohne Rackings trägt diese Reifung wesentlich zu den ausgesprochen finessenreichen Lagengewächsen aus Rioja Oriental bei. 

Charaktervolle Rotweine aus historischen Karthäuser-Lagen

Cellers de Scala Dei gilt als Wiege des Weinbaus im Priorat und tatsächlich brachte die Kellerei am gleichnamigen Ort mit seinem geschichtsträchtigen Karthäuser-Kloster schon in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen abgefüllten Priorato-Rotwein auf den Markt. Dem Experiment war nur mäßiger Erfolg beschieden, was dazu führte, dass die historische Kellerei vor allem Trauben und Jungweine veräußerte und nur von Zeit zu Zeit eine gereiftere Qualität präsentierte. Auf qualitative Unterschiede wurde im Grunde kaum geachtet. Das Lesegut aus den verschiedenen Lagen unterzog man einer wenig differenzierten Behandlung. Dies änderte sich, als der große Cava- und Stillweinproduzent Codorníu eine Partnerschaft anbot und zum Jahrtausendwechsel die technische Leitung übernahm. Zur Überraschung des neuen önologischen Teams erwies sich die Situation der Weinberge als überaus komplex und erst mit Weinmacher Ricard Rofes, der inzwischen zu den herausragenden Weinmacherfiguren der DOQ Priorat zählt, nahm das Projekt Formen an. Genaue Bodenstudien gehörten genauso zum Masterplan von Scala Dei wie eine exakte interne Klassifizierung der Lagen. Die Restaurierung der alten Weinberge gefolgt von einer Umstellung auf biologische Weinwirtschaft nahm einige Jahre in Anspruch, wobei unzählige Probe-Vinifikationen durchgeführt wurden. Heute verfügt Scala Dei über knapp 70 Hektar, die tiefsten auf 400 und die höchsten auf über 800 Höhenmetern. Um zu den entlegensten Parzellen zu gelangen, müssen im Geländewagen fast 40 Minuten auf einem ausgewaschenen und steilen Pfad zurückgelegt werden. In der Neuauflage des roten Scala Dei Cartoixa, der übrigens ältesten existierenden Priorat-Marke, hat Ricard einige der besten, aber auch unzugänglichsten Weinberge zusammengefügt. Die Moste werden im großen Holz ausgebaut, um den Charakter der restaurierten Original-Parzellen so perfekt wie möglich herauszuarbeiten. Noch puristischer präsentiert sich der sortenreine Sant Antoní Garnacha aus der gleichnamigen vor etwa 100 Jahren gepflanzten Einzellage, der im Beton vergärt und im Fuder reift.


100 Parker Punkte aus revitalisierten Lagen

Etwas anders stellte sich die Situation für Dominik Huber mit seinem Projekt Terroir al Limit in der Priorat-Gemeinde Torroja dar, welches inzwischen über 25 Hektar Weinberge verteilt über das ganze Priorat verfügt. Für den Münchener stellten gerade seine heutigen Toplagen Les Tosses und Les Manyes eine große Herausforderung dar. Eine Revitalisierung der zwei kleinen Einzellagen verlangte natürlich eine Kur über biologischen beziehungsweise biodynamischen Anbau. Als viel problematischer erwies sich indes das Ersetzen abgestorbener Stöcke, denn die neu eingesetzten Reben verlangten über Jahre eine besondere Pflege, um in den äußerst kargen Terroirs zu überleben. Alleine die Berieselung per Hand mit Gießkannen forderte viele Stunden an engagierter Hingabe. Huber entschloss sich im Übrigen für eine moderate Erweiterung seiner beiden Spitzenlagen, indem er direkt angrenzende Parzellen bestockt. Damit soll auch der Schwund in den zwischen 76 und 106 Jahre alten Anlagen auf lange Hinsicht ausgeglichen werden. Der bayerische Weinunternehmer wurde schon vor einigen Jahren mit 100 Parker Punkten für seinen Les Manyes ausgezeichnet.


Alte Garnacha-Weinberge in der Sierra de Gredos

2 Daniel Ramos Pepi San Juan y Daniel Ramos en la bodega en El tiemblo. Foto Tony Matey

Pepi San Juan und Daniel Ramos: Sie gehören zur neuen Generation an Weinmachern, die aus der Hauptrebsorte der DOP Cebreros Garnacha Tinta durch verschiedene Rehabilitierungsmaßnahmen einen völlig neuen, sehr feinen und mineralischen Garnacha-Typ gemacht haben.

Kaum jemand hatte damit gerechnet, dass sich die kleinen Appellationen auf beiden Seiten des Gredos-Gebirges zu echten Trendsettern entwickeln würden. Namen wie Bodegas Canopy (DOP Méntrida), Comando G (Vinos de Madrid) oder Daniel Ramos (DOP Cebreros) haben Zeichen gesetzt und werden heute als die Mitbegründer des neuen (Wein-) Spaniens gefeiert. Große Höhen, alte Weinberge, absolut nachhaltiger Weinbau und natürlich eine Kellerarbeit, die modernstes Weinwissen mit althergebrachten Methoden verbindet. Im Zentrum stehen selbstredend die vielen alten Weinberge, aufgesplittet in einer Minifundien-Kultur, die oftmals in Quadratmetern und nicht in Hektar gerechnet wird.

 

4 Daniel Ramos Vinedo Galayo en Cebreros. Foto Suarez

Große Höhen, alte Weinberge, absolut nachhaltiger Weinbau und natürlich eine Kellerarbeit, die modernstes Weinwissen mit althergebrachten Methoden verbindet. Weinmacher der kleinen Appellationen, wie Daniel Ramos mit seinen alten Garnacha-Parzellen in der DOP Cebreros, haben sich zu echten Trendsettern entwickelt.

Fast alle großen Weine aus Gredos, egal ob von der Süd- oder Nordseite des Gebirgszuges, entstammen sorgfältig wiederaufgearbeiteten Parzellen. Manche Rebstücke unterzog man über fünf Jahre hinweg diversen Rehabilitierungsmaßnahmen, indem man die Böden durch verschiedenste Begrünungen stabilisierte und die Überdüngungssünden der Vergangenheit langsam neutralisierte, Altholz aufs Vorsichtigste entfernte, schonendere Rebschnitte einführte und die Erträge radikal senkte. Die Hauptrebsorte, eine Garnacha Tinta mit dünner Haut und moderater Pigmentierung, dankte es dieser neuen Generation an Weinmachern und ermöglichte einen völlig neuen, sehr feinen und mineralischen Garnacha-Typ. Eine der letzten Neugründungen befindet sich in Cebreros und trägt mit Soto Manrique den Namen des Gründers. Chuchi Soto, unterstützt von zwei Partnern, dirigiert mit seiner Tochter Belén die Geschicke von 250 Hektar Reben und ebenso vielen Winzern der im Kleinstädtchen ansässigen Ex-Genossenschaft und kultiviert zudem 25 Hektar in Eigenbesitz. Nicht nur die Stabilisierung der Pflanzungen an sich waren eine Herausforderung, sondern auch die Anlagen, deren alte Trockenmauern in den meisten Fällen aufwendig restauriert werden mussten. Es gehört viel Überzeugungsarbeit dazu, die alteingesessenen Weinbauern von einer Umstellung auf biologischen Anbau zu überzeugen, doch die Fortschritte sind enorm. Chuchi Soto selbst keltert inzwischen die zwei Spitzen-Garnachas La Mira und Alto de las Estrellas auf über 1.000 Metern Höhe. Es versteht sich von selbst, dass sie ganz im Sinne der spanischen Postmoderne bereitet werden. Eigene Hefen, reifes, aber nicht entrapptes Bio-Lesegut werden in kleinen Betontanks mit langen Maischestandzeiten vergoren und in Fuder und Halbstückern ausgebaut.


Pionierarbeit in den westaragonesischen Bergen

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Gründeten vor über einem Jahrzehnt in ihrer Heimatregion Aragón das Weinbauprojekt Frontonio: der junge Master of Wine und Winzerquereinsteiger Fernando Mora und der Önologe Mario López.

Beschäftigt man sich näher mit dem Thema der Rekultivierungen alter und oft vergessener Lagen, dann fällt schnell auf, dass die engagierten Weinmacherinnen und Weinmacher der letzten Generation vor allem das wilde Bergland Spaniens im Blick haben. Die Gründe erklären sich einfach. Zum einen finden sich in den Sierras des spanischen Hochlandsockels viele alte und versprengte Weinberge. Da gebirgige Gelände keine großen zusammenhängenden Pflanzungen erlaubten, stehen die Parzellen und ihr Terroir oft isoliert beziehungsweise für sich selbst. Das erlaubt den Winzern, einzigartige und unverwechselbare Weincharaktere zu schaffen. Zum anderen haben viele Lagen und Parzellen im Gebirgsweinbau topografisch gesehen den großen Vorteil, aufgrund der sich in alle Richtungen drehenden Höhenzüge viel weniger direkte Sonneneinstrahlung einzufangen. Diese Beschattung erweist sich im Zuge der zunehmenden Erwärmung als qualitativer Schlüsselfaktor von enormer Tragweite. Man fügt dem ausgeprägt bodenspezifischen Aspekt eine weitere Komponente hinzu, nämlich den der Eleganz und Feinheit, die gerade Weinberge mit verlangsamten Reifezyklen in besonderem Maße ermöglichen. Der junge Master of Wine und Winzerquereinsteiger Fernando Mora hat dies schon vor über einem Jahrzehnt erkannt und gründete mit dem Önologen Mario López und dem Juristen Francisco Latasa in seiner Heimatregion Aragón das Weinbauprojekt Frontonio. Er entschied sich für das bis heute unbekannte Landweingebiet Valdejalón in den Bergen westlich der Hauptstadt Zaragoza mit seinen vielen alten Weinbergen in unterschiedlichsten Höhensituationen und Ausrichtungen. Aragón ist bekanntermaßen die Heimat vieler großartiger Garnacha-Lagen, was auch auf die kleine IGP zutrifft. Hinzu kommen indes auch hochinteressante alte Macabeo-Plots, die sicherlich zu den besten der Welt gezählt werden müssen. Die drei Weinunternehmer mussten zunächst viel Zeit in die Bewertung des Rebbestandes stecken, um sich dann nach und nach der Rebstücke zu versichern und eine sinnvolle Klassifizierung nachfolgen zu lassen. Man beschränkte sich weitgehend auf die echten Gebirgs-Lagen im Barrandijo-Tal mit seiner beeindruckenden Biodiversität und bestellt heute Weingärten bis auf einer Höhe von 1.030 Meter. Regenerativer Weinbau, der weit über die bekannten Vorgaben für das europäische Bio-Siegel hinausgeht, ist Programm. Nicht nur die mitunter uralten und selbstredend nicht bewässerten Einzelstock-Anlagen werden akribisch gepflegt, sondern auch die Flora und Fauna mit viel Feingefühl in das Projekt einbezogen. Gearbeitet wird in einem alten Gebäude mit alten Kellerstollen auf drei Ebenen, in denen ein erstaunlich breit aufgestelltes Portfolio ausgebaut wird. Die beiden großen Gewächse des Top-Labels El Jardín de las Iguales haben dem Team Weltruhm beschert, aber auch die drei Gewächse der Frontonio-Linie haben es in sich. Mehr Komplexität geht nicht!

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Gearbeitet wird bei Frontonio in einem alten Gebäude mit alten Kellerstollen auf drei Ebenen, in denen ein erstaunlich breit aufgestelltes Portfolio ausgebaut wird. Die großen Gewächse des Top-Labels El Jardín de las Iguales haben dem Team Weltruhm beschert. 

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Bei Frontonio beschränkte man sich weitgehend auf echte Gebirgs-Lagen im Barrandijo-Tal mit beeindruckender Biodiversität bis auf 1.030 Meter. Regenerativer Weinbau, der weit über die Vorgaben für das europäische Bio-Siegel hinausgeht, ist Programm.

 

Terroir-Mekka Bierzo

Kein Artikel über die Rückgewinnung oder Neubewertung alter Weinberge in Spanien kommt ohne den Bierzo aus. Die kleine Appellation hat ihren beeindruckenden Bestand an alten Reben über eine neue Klassifizierung auf fünf Ebenen vor drei Jahren erst richtig sichtbar gemacht und darüber hinaus auf diese Weise den vor allem jungen Winzerinnen und Winzern Ansporn gegeben, sich den Mühen einer Rekultivierung alter Parzellen auszusetzen. Der Erfolg kann sich sehen lassen und immer wieder machen neue Akteure mit ihren oftmals aus der Vergessenheit zurück ans Licht geholten Rebberge Schlagzeilen. Der als wichtigster Neuzugang der vergangenen Jahre gefeierte Erzeuger Pago de los Abuelos basiert, wie der Name schon sagt, auf den großelterlichen Weinbergen des Weinmachers Nacho Álvarez, deren Traubenqualität jahrzehntelang nicht wertgeschätzt wurde. Viel Aufmerksamkeit hat auch der Werdegang des Nachwuchsstars César Marquéz auf sich gezogen. Der junge Weinmacher begann vor sechs Jahren mit der Bereitung eigener Weine und hat inzwischen eine kleine, aber sehr hochwertige Kollektion von Lagenweinen aufgebaut. In seiner kleinen Bodega in Valtuille de Abajo entstehen drei rote mit der Lagenweinbezeichnung Paraje ausgezeichnete Gewächse, ergänzt von einem weißen Lagengewächs sowie einem Ortswein. So wie Marquéz in jahrelanger Arbeit kleine und vormals unbeachtete Weinberge ausfindig gemacht und sie auf die Produktion absoluter Spitzenqualität ausgerichtet hat, arbeiten dutzende Nachwuchstalente daran, den Schatz der vielen vergessenen Spitzenlagen des Landes zu heben und den Liebhabern spanischer Spitzenweine endlich zugänglich zu machen.

 

 



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